Weihnachtslegenden an der Loire: Feenhöfe und Schlossgeister im Winterkleid
Wenn Sie an die Loire-Schlösser denken, sehen Sie vermutlich sonnige Gärten, Weinberge und spiegelglatte Wassergräben vor sich. Doch die berühmten Châteaux zwischen Orléans und Tours haben auch eine ganz andere Seite: In den Wintermonaten, wenn Nebel über der Loire hängt, der Frost die Baumalleen überzieht und in den hohen Fenstern warme Lichter flackern, wirken sie wie Schauplätze aus einem verzauberten Wintermärchen.
In diesem Beitrag besuchen wir zwei der bekanntesten Schlösser – Chenonceau und Chambord. Beide sind heute zur Weihnachtszeit prachtvoll dekoriert, voller Tannengrün, Lichter und opulenter Arrangements.
Zugleich ranken sich um sie Legenden von starken Frauen, geheimnisvollen Gestalten und stillen nächtlichen Erscheinungen, die sich wunderbar als kurze Vorlesegeschichten eignen.
Das Loire-Tal – Winter zwischen Nebel und Lichterglanz
Das Tal der Loire gilt als „Garten Frankreichs“ und ist UNESCO-Welterbe. Im Sommer locken Radwege, Weinproben und Schlossführungen. Im Winter wird es ruhiger – und gerade dann entfalten viele Schlösser einen besonderen Reiz: Einige öffnen speziell für Weihnachtssaison ihre Türen mit aufwendigen Dekorationen, Krippen, Lichterinstallationen und thematischen Ausstellungen.
Gleichzeitig erzählen die Mauern von Jahrhunderten voller Machtspiele, Intrigen, höfischer Feste und privater Tragödien. Kein Wunder, dass aus dieser Mischung aus Schönheit und Schatten zahlreiche Sagen und Geistergeschichten entstanden sind.
Château de Chenonceau – Das „Schloss der Damen“

Region & Schloss
Chenonceau spannt sich in eleganten Bögen über den Fluss Cher, einen Nebenfluss der Loire. Wegen seiner Geschichte wird es das „Schloss der Damen“ genannt: Mehrere einflussreiche Frauen prägten Bau, Gestaltung und Nutzung – unter anderem Diane de Poitiers und Katharina von Medici.
In der Weihnachtszeit gehört Chenonceau zu den eindrucksvollsten Schlössern der Region: Räume, Galerien und Kamine werden mit kunstvollen Blumen- und Tannengestecken, Kerzen und thematischen Dekorationen geschmückt. Doch hinter der festlichen Kulisse stehen auch Geschichten von Rivalität, Eitelkeit und Verlust.
Die Rivalinnen am Fluss (Kurzfassung)
Eine häufig erzählte Geschichte – halb Historie, halb Sage – handelt von der Rivalität zwischen Diane de Poitiers, der Mätresse des Königs Heinrich II., und seiner Gemahlin Katharina von Medici.
Heinrich II. schenkte Diane Chenonceau, und sie ließ die Gärten anlegen, die Brücke über den Cher bauen und das Schloss in ein elegantes Lustschloss verwandeln. Katharina, die offizielle Königin, sah dem Treiben lange zu – bis Heinrich starb.
Nach seinem Tod ließ Katharina Diane das Schloss abtreten und nahm Chenonceau für sich in Besitz. Sie ließ die zweigeschossige Galerie über der Brücke errichten, organisierte Feste und Feuerwerke und wollte das Schloss noch prachtvoller gestalten als zuvor.
Die Legende erzählt, dass sich die beiden Frauen auch nach ihrem Tod nicht ganz loslassen: In manchen Nächten, besonders in der stillen Zeit um Weihnachten, soll man auf der Galerie zwei Frauenstimmen hören – ein leises, aber scharfes Wortgefecht, gefolgt von raschen Schritten, als ob jemand in Zorn davonstürmt.
Historisch sind Rivalität und Besitzwechsel gut belegt, die nächtlichen Wortwechsel dagegen natürlich nicht. Doch sie passen perfekt zu den langen Fluren, Spiegelungen im Wasser und der besonderen Akustik in den Galerien: Schon ein Windstoß kann hier wie ein Seufzer klingen.
Die Dame in der Galerie (Kurzfassung)
Manche Besucher berichten zudem von einer einsamen Frauengestalt, die in der Galerie über dem Fluss erscheint: in einem schlichten, dunklen Kleid, den Blick auf das Wasser gerichtet.
Die Dame soll eine Hofdame gewesen sein, die sich im Winter das Leben nahm, als ein geheimer Liebesplan scheiterte. Zu Weihnachten, wenn die Hallen hell erleuchtet sind, gehe sie durch die Galerie, bleibe am Fenster stehen und blicke in das dunkle Wasser des Cher – auf der Suche nach einer Antwort, die sie nie erhalten hat.
Ob diese Figur je existiert hat, ist sehr fraglich, doch sie ist ein gutes Beispiel, wie romantisierende Erzählungen und echte historische Personen in der Vorstellung der Menschen verschmelzen.
Château de Chambord – Geheimnisse hinter Türmen und Treppen

Region & Schloss
Chambord ist eines der bekanntesten Loire-Schlösser: ein riesiger Bau mit Türmen, Schornsteinen und der berühmten doppelläufigen Wendeltreppe, die Leonardo da Vinci zugeschrieben wird.[4] Im Winter wirkt das Schloss fast unwirklich – besonders, wenn der Park in leichtem Schnee liegt und sich der Bau im Wassergraben spiegelt.
Auch Chambord beteiligt sich regelmäßig an weihnachtlichen Programmen und Dekorationen. Gleichzeitig regen Architektur und Geschichte die Fantasie an: verborgene Gänge, Räume, in denen nie dauerhaft gewohnt wurde, und politische Umwälzungen, die ihre Spuren hinterlassen haben.[2][4]
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Die weiße Gestalt auf der Treppe (Kurzfassung)
Wie viele große Schlösser kennt auch Chambord die Legende von einer „weißen Dame“.
Besucher und Bedienstete wollen eine Frauengestalt in heller Kleidung gesehen haben, die scheinbar lautlos die monumentale Treppe hinauf- oder hinabgleitet. Sie wendet sich nie direkt zu den Menschen, sondern scheint in eigene Gedanken versunken.
Einige deuten sie als Geist einer adligen Dame, die hier vergeblich auf eine Nachricht wartete – vielleicht von einem Geliebten, der im Krieg blieb. Andere meinen, sie sei eine Art „Hüterin“ des Schlosses, die in besonders stillen Nächten prüft, ob noch alles an seinem Platz ist.
Gerade in der Adventszeit, wenn die Treppen mit Girlanden geschmückt sind und warmes Licht auf die Steinwände fällt, wirkt die Vorstellung einer solchen Gestalt erstaunlich naheliegend.
Die verschwundenen Gäste des Winterballs (Kurzfassung)
Eine weniger bekannte, aber reizvolle Erzählung knüpft an die Tradition winterlicher Feste und Bälle an.
Man erzählt sich, dass einst ein prunkvoller Winterball in Chambord stattfand. Musik, Kerzen, Spiegelungen – alles war auf Glanz getrimmt. Mitten in der Nacht soll jedoch ein plötzlicher Schneesturm losgebrochen sein. Am nächsten Morgen fehlten zwei Gäste, ein junges Paar.
Die offiziellen Berichte sprechen von einem Unfall auf dem Heimweg, doch die Legende sagt: In besonders stürmischen Winternächten, wenn der Wind um die Kamine heult, sieht man im Spiegel eines der Ballsäle zwei festlich gekleidete Gestalten tanzen – nur für einen Augenblick, dann sind sie verschwunden.
Foto: (c)Freesurf – Fotolia; ©Claude Coquilleau – stock.adobe.com
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