Zwischen Alpenlicht und Seennebel: Winterliche Schlossgeschichten aus der Schweiz
Wenn die Schweiz in den Wintermodus schaltet, wird es stiller: Schnee auf den Gipfeln, Dunst über den Seen, Lichter in den Dörfern – und darüber hinaus die Schweizer Burgen und Schlösser, die wie Wachen einer anderen Zeit im Weiß stehen. Einige von ihnen öffnen auch in der kalten Jahreszeit ihre Tore und bieten Führungen, Events und spezielle Weihnachtsprogramme an.
In diesem Beitrag geht es an den Genfersee und ins Freiburgerland: zum Schloss Chillon bei Montreux und zum Schloss Gruyères. Beide Orte verbinden mittelalterliches Flair mit moderner Winterinszenierung – und liefern gleichzeitig jede Menge Stoff für Sagen, Geistergeschichten und kleine Weihnachtswunder.
Burgenland Schweiz – Winter zwischen Fels und Wasser
Die Schweiz ist reich an Burgen und Schlössern: Entlang der Seen, in den Voralpen und auf Felsvorsprüngen finden sich Anlagen, die von mittelalterlicher Macht, Handelswegen und Grenzkonflikten erzählen. Auch im Winter öffnen einige ihre Tore und bieten spezielle Programme, Ausstellungen und Themenführungen an.
Einmal im Jahr feiert die Schweiz sogar einen eigenen „Swiss Castles Day“, an dem Häuser wie Yverdon, Chillon, Gruyères oder Morges mit besonderen Veranstaltungen auf sich aufmerksam machen. Viele dieser Orte eignen sich hervorragend als Kulisse für Winter- und Weihnachtsgeschichten – sei es vor Ort oder gemütlich beim Vorlesen zu Hause.
Schloss Chillon – Weihnachten am Lac Léman

Region & Schloss
Schloss Chillon liegt direkt am Ufer des Genfersees, unweit von Montreux. Die Burg wirkt wie aus dem Wasser gewachsen: Türme, Mauern und Innenhöfe sind von allen Seiten vom See und den Bergen eingerahmt. Im Winter spiegeln sich Lichter im dunklen Wasser, häufig hängt Nebel tief, und Schneekappen sitzen auf den Gipfeln im Hintergrund.
Chillon ist eines der meistbesuchten Schlösser der Schweiz – und in der Adventszeit besonders beliebt. Unter dem Motto „Weihnachten im Schloss“ werden an ausgewählten Wochenenden mittelalterliche Aktivitäten, Handwerksvorführungen, Tänze und Mitmachprogramme angeboten. Zwischen Girlanden und Kerzenschein lassen sich Sagen und Geschichten leicht in die Kulisse einweben.
Die Kette im Keller
Berühmt wurde Chillon durch die Erzählung vom Gefangenen Bonivard, den Lord Byron in seinem Gedicht „The Prisoner of Chillon“ verewigte. Darauf aufbauend ranken sich kleine, winterliche Legenden um den Burgkeller.
Man erzählt, dass in einer besonders strengen Winternacht ein Wärter des Schlosses einen Rundgang durch die unterirdischen Gänge machte. Draußen tobte ein Sturm, die Wellen schlugen an die Mauern, im Inneren waren nur Tropfen und Wind zu hören.
Als der Mann an einer der alten Ketten vorbeikam, die einst Gefangene gehalten haben sollen, vernahm er plötzlich ein leises Klirren – obwohl niemand sonst im Raum war. Er blieb stehen und hörte eine Art leises Summen, fast wie ein Lied, das irgendwo zwischen den Säulen hing.
Die Legende sagt: In stürmischen Winternächten, wenn die Wellen hart gegen die Mauern schlagen und der Wind durch die Schießscharten pfeift, erklingt manchmal dieses ferne „Lied“. Es soll daran erinnern, dass auch an dunklen Orten Hoffnung und Stimme nicht verstummen.
Das Kind und der Weihnachtskranz
Eine eher sanfte Weihnachtsgeschichte spielt im oberen Burghof.
Ein Kind besuchte mit seiner Familie im Advent das Programm „Weihnachten im Schloss“. Es bastelte in einer der Werkstätten einen einfachen Kranz aus Tannenzweigen und getrockneten Orangenscheiben.[5] Beim Hinausgehen blieb es an einer Stufe hängen, der Kranz fiel und rollte in einen schwer zugänglichen Winkel des Hofes.
Das Kind war enttäuscht, weil es den Kranz an die Haustür hängen wollte. In der Nacht soll es stark geschneit haben. Am nächsten Morgen, so die Geschichte, entdeckten Burgmitarbeiter genau in der Nische, in die der Kranz gefallen war, einen perfekt im Schnee abgezeichneten Kreis – sauber, wie mit einem Zirkel gezogen, und in der Mitte einige Tannennadeln.
Seitdem heißt es: Wenn ein Kranz im Schloss Chillon „verloren geht“, findet er in irgendeiner Form doch seinen Platz – vielleicht nicht an der Tür, aber dort, wo jemand ihn braucht, um sich an Licht und Hoffnung zu erinnern.
Schloss Gruyères – Nebel, Käse und eine stille Dame

Region & Schloss
Das Château de Gruyères liegt auf einem Hügel über dem gleichnamigen Städtchen im Kanton Freiburg. Bunte Fassaden, enge Gassen und der bekannte Käse machen den Ort attraktiv – und über allem thront die mittelalterliche Burg mit ihren Mauern, Türmen und Innenhöfen.
Im Winter herrscht im Städtchen etwas mehr Ruhe, dafür gibt es besondere Anlässe wie den Swiss Castles Day mit Handwerksvorführungen, Kunst und kleinen Programmen im Schloss. Wenn Nebel in den Tälern hängt und Schnee auf den Dächern liegt, bekommt Gruyères einen fast märchenhaften Charakter.
Die Dame im weißen Schal

Wie viele Burgen kennt auch Gruyères die Erzählung von einer stillen Frauengestalt, die sich zu bestimmten Zeiten zeigt.
Man spricht von einer „Dame im weißen Schal“, die in kalten Nächten im Innenhof gesehen worden sein soll. Sie trägt ein dunkles Kleid, darüber einen hellen Schal oder Umhang und scheint den Blick häufig über die Hügel schweifen zu lassen.
In einer Version der Geschichte war sie einst die Frau eines Verwalters, der in einem harten Winter beschloss, den Käsevorrat nur für Adlige und wichtige Gäste zurückzuhalten. Die Frau soll heimlich Stücke an arme Familien im Dorf verteilt haben und dabei erfroren sein, als sie bei starkem Schneefall auf dem Rückweg zur Burg war.
Seitdem, so erzählt man, erscheine sie in eisigen Winternächten im Hof – nicht als Drohung, sondern als leise Mahnung, in der Kälte niemanden zu vergessen.
Der Lichterweg den Hügel hinauf
Eine eher adventliche Erzählung verbindet das Dorf, den Hügel und die Burg.
Früher sollen Kinder aus Gruyères in der Zeit vor Weihnachten an einem Abend mit Laternen den Weg zur Burg hinaufgezogen sein, um dort ein Lied zu singen. In einer besonders nebeligen Nacht gingen einige Laternen aus, und die Gruppe verlor sich.
Als sie den Hügel fast hinaufgestolpert waren, sahen sie plötzlich kleine Lichtpunkte, die ihren Weg säumten – wie eine Reihe winziger Sterne auf dem Boden. Sie folgten ihnen und gelangten sicher zum Burgtor und später wieder zurück ins Dorf.
Heute, so die Legende, kann man an manchen Dezemberabenden, wenn der Nebel dicht ist, für einen Moment solche Lichtpunkte auf dem Weg auftauchen sehen – besonders, wenn Kinder mit Laternen unterwegs sind.
Fotos: Mihai-Bogdan Lazar – stock.adobe.com; ©eyetronic – stock.adobe.com; (c)Roman Babakin – stock.adobe.com; c)Anneke – stock.adobe.com
Werbung










